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Erasmus-Gymnasium     Denzlingen
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Erfolg beim siebten Denzlinger Schreibwettbewerb

Es gibt das Vorurteil, Jugendliche könnten nicht mehr schreiben, sondern höchstens mit dem Daumen auf dem Handy Kurznachrichten tippen. Dieses konnte der siebte Denzlinger Schreibwettbewerb eindrucksvoll widerlegen. Den Schüler*innen der Denzlinger Schulen gelang es mit ihren literarischen Texten die Jury zu begeistern und aufzuzeigen, wie viel Kreativität und Schreibfreude sie besitzen.

Gleich mehrere ausgezeichnete Texte entstammen den Federn von EGD-Schüler*innen. So freuten sich Rahat Ahmad (5b), Benjamin Kilchert (6b) und Mailin Wiethege (9a) über einen Preis in der jeweiligen Altersklasse.

Besonders überzeugen konnte die Jury der Text von Hannah Kailer (9b), der zum Wettbewerbsthema „Blau“ eingereicht wurde. So zeigte sich auch Jurymitglied Thomas Malkowski in seiner Laudatio beeindruckt von den „wunderbaren Sätzen“ und vom „präzisen Blick“ der jungen Autorin, der dazu führe, dass man als Leser fühle, was auch der Protagonist der Geschichte fühlt.

Alle eingereichten Texte werden in einem kleinen Buch veröffentlicht. Den Text der Gewinnern Hannah Kailer, findet man aber auch schon vorab auf der Homepage des EGD.

(Text und Bild: Lucia Weidner)
H. KailerBlau – Hannah Kailer

Es war kalt. Eiskalt, um genau zu sein. So kalt, dass man es fast nicht mehr mitbekam, weil sich der ganze Körper betäubt anfühlte. So kalt, dass meine Gedanken stehengeblieben zu sein schienen, als ich den ersten Fuß auf das Eis setzte. Ein Knacken. Verdammt, ich musste verrückt sein, so etwas zu tun.
„Eliot, du bist nicht der Erste, der das hier macht“, hallte Tylers Stimme noch immer durch meinem Kopf. Doch linderte nicht einmal die Stimme meines besten Freundes den riesigen Kloß, der in meinem Hals feststeckte. Runterschlucken zwecklos.
Also setzte ich auch den anderen Fuß aufs Eis und wünschte mir nichts sehnlicher, als dass die feinen Risse, die sich durch die glatte, bläulich schimmernde Oberfläche zogen, Einbildung waren. Schritt für Schritt lief ich weiter, beschleunigte, während das Knacken unter meinen Füßen immer lauter- und mein Herzschlag immer schneller wurden. Der Wind brauste um meine Ohren und ich bereute sehr, dass ich nicht auf meine Mutter gehört- und mir eine Mütze aufgezogen hatte. Und plötzlich ging alles ganz schnell. Das Eis unter meinen Füßen krachte erneut, aber dieses Mal konnte ich nicht weiterrennen. Ich war umgeben von tiefen Rissen und einer finsteren Befürchtung. Eins, zwei, zählte ich leise in meinem Kopf und wagte keine Bewegung oder einen Atemzug, drei- ich stürzte in die Tiefe. Da war nichts, an das ich mich hätte klammern können.
Es war kalt. Eiskalt, um genau zu sein. So kalt, dass ich das Blau, das mich umgab, nicht mehr wahrnahm. So kalt, dass ich beinahe ausblendete, wie ich immer tiefer sank. So kalt, dass sogar meine eigene Stimme, die in meinen Gedanken weitere Panik verbreitet hatte, schwieg.

In meinen Wimpern hatten sich kleine Schneeflocken verfangen, als ich nach Atem ringend die Augen aufschlug und hochschreckte. Die Kälte war vorüber, dennoch umgab mich nichts als Schnee. Auf den ersten Blick zumindest.
„Was zum…“, murmelte ich und blickte an mir herab. Meine Kleidung war trocken, aber wie konnte das sein? Hatte ich nicht vor wenigen Sekunden den Beschluss gefasst, ich würde ertrinken? Dass mein Leben endgültig enden würde? Oder war das bloß Einbildung? Wenn ja, was war dann das hier?
Entgeistert wanderte mein Blick über das, was vor mir lag. Ein Wald, er musste tief sein, doch die dicke Schicht Schnee, die auf den breiten Schwingen hunderter Tannen lag, versperrte mir die weite Sicht. Es dämmerte wohl bereits, der Nebel hatte sich wie ein Tuch über Wald und Himmel ausgebreitet und verwischte die Umgebung zu einer Collage aus Blau, Weiß und Schatten.
Stille. Da war nur mein Atem, der sich in der Kälte als Nebel tarnte, und mein hämmerndes Herz, das immer noch nicht begriff, was gerade passierte. Ich drehte mich um und dann erstarrte ich. Der Baum vor mir bewegte sich. Nein- das war ein großes Wesen, das aussah wie ein Baum; mit breiten Ästen und Zweigen, groß und schwer. Ich hielt die Luft an und verfolgte mit weit aufgerissenen Augen, wie es davonstampfte. Ich stand noch eine Weile auf der Stelle, bis ich mich schließlich aufmachte, um aus dem Wald zu finden. Hinter einem Baumstamm entdeckte ich einen zweiten Baum-Riesen und hinter einem weiteren flitzte ein weißes Eichhörnchen über den Pfad. Der Schnee knirschte unter meinen Füßen, bis ich den Waldrand erreicht hatte und ein weiteres Mal staunte.
Ein riesiges Gebirge türmte sich mir entgegen und schien in die Ferne hin immer größer zu werden. An der Spitze des höchsten Berges, ebenfalls von Schnee überzogen, thronte ein Schloss, das als einziges Motiv von der untergehenden Sonne beschienen wurde, die sich hinter den majestätischen Gipfeln versteckte. Eine Brücke führte zwischen den Bergen hindurch und ich könnte schwören, dass sich einer der Berge gerade bewegt hatte. Wahrhaftig. Was war das bloß für ein Ort, an dem Bäume umher wanderten, an dem sich Berge verschoben?
Ich fuhr herum, als ich das Gefühl hatte, etwas gehört zu haben. Eine schwarze Gestalt stand mir gegenüber. Zwischen uns gute zehn Meter Abstand. Sie hatte weder Augen noch schien sie aus irgendetwas zu bestehen. Sie wirkte eher wie ein Schatten. Ein Schatten, der zu nichts gehörte, es sei denn, es gab hier auch unsichtbare Fabelwesen, die viel mehr in einen Traum hineinpassten als in die Realität. Das hier fühlte sich einfach zu echt an. Ein Schatten, der mir immer näher kam. Angst keimte in mir auf und vermischte sich mit meinen regenerierten Gedanken, die Panik verbreiteten, so wie sie es immer taten, wenn mein Körper zu zittern begann und sich mein Bauch zusammenzog.
Ich rannte. Der Schatten war mir dicht auf den Fersen, die Angst saß mir tief im Nacken. Ich rang nach Atem und beschleunigte meinen Sprint, sowie ich auf einen Pfad gelangte. Nicht nach hinten sehen, sagte ich mir. Was verflucht war das? Und die noch bedenklichere Frage war, was es von mir wollte… Ich tat es doch und warf einen kurzen verstohlenen Blick über die Schulter und meine Beine rannten wie von alleine, getrieben von Angst, weiter. Warum bloß war ich nicht im Leichtathletik? Dann hätte ich bestimmt länger rennen können als diese mickrigen Minuten.
Der Himmel zog sich über mir zusammen und die Berge begleiteten mich, als sich meine Ausdauer aus dem Staub machte. „Scheiße“, keuchte ich und blieb stehen, sank in die Knie. Mein Herz raste wie verrückt und ich wich mit starrem Blick rückwärts durch den Schnee. Vor mir der Hell-Dunkel-Kontrast dieses Winters in Form, nun mehrerer menschengroßen Schattenfiguren. Die Schatten kamen mir immer näher. Gleich würden sie mich erreichen, gleich hatten sie mich! Ich presste die Augenlider fest aufeinander, als die Schatten ihre eisigen Hände nach mir ausstreckten.
Schwärze. Stille. Sogar mein Herzschlag war verstummt. Schwärze, nicht einmal mehr Blau, das ich ausblenden konnte, oder in dem ich versank. Keine Kälte, die so kalt war, dass irgendetwas taub wurde.
Ich taumelte im Nichts. Da war wirklich nichts, nicht einmal das Gleichgewicht, das ich verlieren konnte, doch fiel ich in die Tiefe. Ich kam hart auf dem Grund auf, es war schwarz, dennoch fühlte ich mich wie vor wenigen Minuten, in denen ich im Blau versank. Ich war gescheitert bei der Flucht vor den Schatten. Und ich wünschte wirklich so sehr, ich könnte noch aufstehen, aber ich war gefangen in einem unausweichlichen Käfig aus Kälte, Blau und der Gewissheit, das nie wieder zu können.


Am Dienstag, den 17.01 verunglückte der 16- jährige Elliot A. gegen 15 Uhr bei einer Mutprobe auf dem örtlichen See. Zusammen mit seinen Freunden Joey E. und Tyler M. versuchte er, über das Eis auf die andere Uferseite zu gelangen. Dabei brach das Eis und Elliot schaffte es trotz der Hilfe seiner Freunde nicht mehr an die Oberfläche. Der Krankenwagen traf etwa eine halbe Stunde später ein, doch das Leben des Jugendlichen konnte nicht mehr gerettet werden.
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